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Lage zur Kinderbetreuung in Mörfelden-Walldorf bleibt angespannt


Nach den Sommerferien beginnt das neue Kitajahr. „Leider erhält nicht jedes Kind zum gewünschten Termin einen Betreuungsplatz. Die Stadt arbeitet intensiv daran, die Situation zu verbessern“, erläutert Erster Stadtrat und Sozialdezernent Karsten Groß. Die aktuelle Betreuungssituation in Mörfelden-Walldorf wurde dem Magistrat in einem Bericht für die Stadtverordnetenversammlung beraten.

Personalsituation

Eine entscheidende Rolle für die Betreuung der Kinder spielt die Personalsituation in den Kitas. Gibt es zu wenig Personal, zugleich aber eine sehr große Nachfrage, kann es zu längeren Wartelisten kommen. In Mörfelden-Walldorf wurde deshalb in den letzten Jahren regelmäßig Personal eingestellt. Genauso regelmäßig gibt es aber auch die übliche Personalfluktuation.

„Die Nachfrage für Kita-Plätze steigt derzeit weiter an“, weiß Erster Stadtrat Karsten Groß. Der Bericht bestätigt: Tatsächlich ist die Anzahl aller Mitarbeiter:innen – in Summe Fachkräfte, Auszubildende und Hilfskräfte – in den letzten Jahren stetig angestiegen. So arbeiten zum Stichtag 1. März 2022 insgesamt 259 Personen in den städtischen Kitas (nach 252 im Vorjahr). Von 2021 auf 2022 ist allerdings im Saldo ein leichter Rückgang bei benötigten pädagogischen Fachkräften (5 Personen) zu verzeichnen. Dies beruht auf Renteneintritten und allgemeiner Fluktuation, aber vor allem liegt es am allgemeinen Fachkräftemangel im Erziehungsbereich.

Der Bericht verweist dazu auch auf renommierte Studien. Diese gehen davon aus, dass bundesweit bis zu 300.000 Erziehungskräfte fehlen. Das Fazit der Forscher:innen: „Es gibt schlicht nicht genügend qualifiziertes Personal. Und auch wir in Mörfelden-Walldorf sind davon betroffen“, erläutert Groß. „Bis zum 1. September werden wir trotzdem weitere Erzieher:innen einstellen können. Entsprechende Verträge wurden schon unterschrieben”, gibt er einen Ausblick.

Betreuungslücke

„Die Anzahl der Kinder auf der Warteliste kann nahezu wöchentlich variieren, da die Hauptaufnahme 2022 noch nicht abgeschlossen ist und weiterhin Kinder nach Mörfelden-Walldorf ziehen”, erklärt Sebastian Hösch. Leiter des Sozial- und Wohnungsamtes. Zum Stichtag 8. Juni 2022 befanden sich 85 Kinder im Krippenalter (U3) und 174 Kinder im Kindergartenalter (Ü3) auf der Warteliste (zum gleichen Vorjahreszeitpunkt waren es insgesamt 220).

„Wir vergeben fortlaufend weitere Plätze. Es gibt in der Regel immer Eltern, die angebotene Plätze nicht annehmen, manchmal ziehen Familien weg, neues Personal wird eingestellt. All diese Faktoren führen dazu, dass die Plätze doch schneller vergeben werden können als angekündigt.”

Der Bericht legt dar, dass 71 Prozent der Familien, die eine Zusage erhalten haben, auch die gewünschte Betreuungszeit erhalten. 5 Prozent bekommen 1 ½ Stunden weniger Betreuungszeit als gewünscht, 15 Prozent 2 Stunden weniger und 9 Prozent 3 ½ Stunden weniger als gewünscht. „Beim größten Teil der Eltern, die eine Zusage haben, können wir auf die Wünsche eingehen“, hält Groß fest. „Dennoch bedeutet die Vergabe von Kita-Plätzen in dieser Mangelsituation auch immer eine Abwägung zwischen den Eltern, die einen Betreuungsplatz erhalten, und denjenigen, denen wir keine Zusage machen können.“

Übergang von U3 zu Ü3

Der Bericht geht zudem auf die Frage der Übergangs-Betreuung der Ü3-Kinder in einer U3-Einrichtung ein. Nach Regelungen des Landes ist es gestattet, dass Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Wechsel in den Kindergarten weiterhin in der Krippe betreut werden können. „Jedoch nicht länger als bis zum Ende des jeweiligen Kindergartenjahres“, erklärt Groß.

Im Jahr 2021 hatte der Jugendhilfeträger (Kreis Groß-Gerau) in Absprache mit dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration eine einmalige Ausnahme gemacht. Diese galt bis 31. Dezember 2021. „Wir hätten diese Ausnahme gerne verlängert, aber leider wurde dies vom Kreis für 2022 nicht mehr gewährt“, so Groß. Für das Kitajahr 2021/2022 gilt also wie zuvor: Kinder, die im laufenden Kitajahr das dritte Lebensjahr vollenden, können bis zum Ende des Betreuungsjahres (31. August 2022) in U3 Einrichtungen weiter betreut werden. „Natürlich nur, wenn die Einrichtung über die erforderliche Kapazität verfügt“, ergänzt Sebastian Hösch.

In diesem Jahr erhielten 30 Kinder nicht direkt im Anschluss an ihren dritten Geburtstag einen Kindergartenplatz. Es ist davon auszugehen, dass am 31. August voraussichtlich noch 21 Kinder die U3-Einrichtungen verlassen müssen, ohne direkt am 1. September 2022 einen Betreuungsplatz zu haben. Davon haben allerdings inzwischen 10 Kinder für die Zeit bis Ende 2022 ein Betreuungsangebot erhalten, so der Bericht. So warten noch 11 Kinder aus U3-Betreuung auf ein Ü3-Betreuungsangebot – „und auch dafür suchen wir aktuell mit Kreis und freien Trägern nach Lösungen“, betont Karsten Groß.

„Uns ist bewusst, dass insbesondere mit einer Betreuungslücke im Übergang von U3- zu Ü3-Betreuung familiäre Herausforderungen oder auch wirtschaftliche Probleme verbunden sein können. Diese sehr bedauerliche Situation gilt in ähnlicher Weise für Familien, deren Kind erstmals für eine Ü3-Betreuung angemeldet ist, aber noch keinen Betreuungsplatz erhalten kann“, sagt der Erste Stadtrat.

Verbesserung der Situation – Suche nach Lösungen

Um die Situation zu verbessern, sind aktuell Kreis, Stadt und freie Träger im Gespräch, den Übergang zwischen Kinderkrippe und Kindergarten für die drei- bis vierjährigen Kinder flexibler zu gestalten und die Betreuungslücke zu schließen. Der Kita-Ausbau wird weiter vorangetrieben mit der Waldkita An den Eichen, Personalbindung und Personalgewinnung sowie Ausbildungstätigkeit seitens der Stadt werden weiter intensiviert, werden in dem Bericht die Maßnahmen aufgezählt.

Zudem wird die Stadt Mörfelden-Walldorf alle Möglichkeiten prüfen, um vorhandene Personalkapazitäten im Rahmen von Regelungen und Empfehlungen des Landes Hessen sowie von Betriebserlaubnis des Kreises auch vollständig auszuschöpfen.

Um Personal zu gewinnen, werden verschiedene Maßnahmen für eine zügige Umsetzung geprüft:

  • Für Mitarbeitende im Erziehungsdienst übernimmt die Stadt die Betreuungskosten (als Arbeitgeber-Zuschuss orientiert an der Arbeitszeit des:r jeweiligen Mitarbeitenden)
  • Garantie für einen Krippen- / Kita-Platz in einer städtischen Einrichtung für eigenes Erziehungspersonal
  • Job-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr / Job-Rad für die individuelle Mobilität
  • Mitarbeitende erhalten am ersten Arbeitstag ein (nicht-monetäres) Willkommenspaket (ggfs. ergänzt durch Begrüßungsprämie)
  • Tag der neuen Mitarbeitenden für Kennenlernen und Vernetzen
  • Übertarifliche Zulage für Erziehungspersonal (ggfs. Geld-, Gutschein- oder Freizeit-Wahlangebot)
  • 1x pro Woche frischer Obst- / Gemüsekorb in der Kita, kostenfreies Wasser für Mitarbeitende
  • Sport- / Gesundheitsangebote in Kooperation mit Fitness-Studio / Sportverein / Physiotherapie
  • Standardisiertes Mitarbeiter:innen-Jahresgespräch
  • Ausbau der Informationstechnik und Fort- und Weiterbildungen im Bereich Digitalisierung und Anwendung von Software / Apps
  • Image-Verbesserung (eigene Bilderwelt, Image Video und Info zu ‚Compensation & Benefits‘)
  • Firmenkontaktveranstaltung und Teilnahme an regionalen Job- und Absolventen-Messen.

Im zweiten Halbjahr 2022 wird ein gemeinsames Forum zwischen Verwaltung (Stadt und Kreis), Kita-Leitungen und Elternvertreter:innen der städtischen Einrichtungen, freien und konfessionellen Trägern und deren Elternvertreter:innen, Familieninitiative und für Eltern auf der Warteliste stattfinden. Ziel ist es, die Betreuungssituation, aber auch das pädagogische Angebot mit Fokus auf Verbesserung für und Abwägung zwischen allen Beteiligten zu beraten.

„Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, die wir haben. Das Thema Kinderbetreuung hat Priorität. Wir wollen deshalb auch kreative Wege und Lösungen mit den verschiedenen Gruppen und Institutionen finden und freuen uns auf den Dialog und konstruktiven Austausch. Diese Herausforderung, die uns noch weitere Jahre begleiten wird, können wir nur gemeinsam bewältigen. Deswegen werden wir unser Engagement weiter ausbauen”, fasst Karsten Groß zusammen.