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Baukosten explodieren


Baukosten sind in den letzten Jahren extrem angestiegen. Erst aufgrund der Pandemie, dann als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Diese Kostenexplosion zeigt sich jetzt auch im „Bau-Check“ der Stadtverwaltung für das Jahr 2022, in dem alle Bauprojekte mit einem Budget von mehr als 100.000 Euro aufgelistet sind.

„Der Bau-Check ist ein wichtiges Werkzeug, um die Kostenentwicklung im Blick zu behalten. Wenn ein Projekt sein Budget überschreitet, kann unter normalen Bedingungen sofort reagiert und nach Einsparmöglichkeiten gesucht werden“, erklärt Bürgermeister Thomas Winkler. Die Controlling-Maßnahme des Stadtplanungs- und -bauamts liefert einen wochenaktuellen Überblick der Gewerke und hat sich in der Vergangenheit bewährt. „Im Moment ist die Entwicklung der Baukosten aber so stark, dass wir den Anstieg nicht mit Sparmaßnahmen auffangen können“, stellt der Bürgermeister fest.

Der offizielle Baupreisindex für Deutschland weißt eine Steigerung von rund 30 Prozent innerhalb von zwei Jahren bei Gebäuden aus. Diese Entwicklung zeigt sich auch im Bau-Check: Für 15 in Betracht kommende Vorhaben – mit einem Gesamtvolumen von rund 36 Millionen Euro - sind mit Stand Februar 2023 Mehrkosten von 7,35 Millionen Euro ausgewiesen. Dies entspricht einem Anstieg von etwa 25,5 Prozent. „Investoren können einfach die Notbremse ziehen und Projekte absagen. Wir sind aber auf Kitas, Sozialwohnungen und die Feuerwehr angewiesen. Und selbst, wenn wir Bauvorhaben zurückstellen würden, gibt es keine Garantie, dass sich die Preise in Zukunft wieder normalisieren“, gibt Bürgermeister Winkler zu bedenken.

Neben einer rasanten Preisentwicklung nach oben zeigt das Baucontrolling auch, dass Baufirmen deutlich häufiger vereinbarte Termine nicht einhalten können, weshalb durch die verschobenen und veränderten Arbeitsabläufe Kostenerhöhungen oftmals unvermeidlich sind. „Die laufenden Bauprojekte sind in der Regel dringend notwendig und unumstritten. Teilweise bekommen wir auch hohe Fördergelder. Ein Baustopp ist daher eigentlich keine Option“, betont der Rathauschef. So führt der Bau-Check etwa das neue Ärztehaus, Bushaltestellen und die Dachsanierung einer Kita auf.

Bei einem geplanten Wohnungsbauprojekt in der Hubertusstraße hat man sich aber dennoch dafür entschieden, dass Vorhaben einzufrieren. „Die Kosten sind einfach davon gelaufen“, so Thomas Winkler. „Gemessen an der Wohnungsanzahl und der Fläche ist das Projekt nicht mehr als wirtschaftlich zu betrachten“. Starteten die Planungen mit Baukosten von knapp 1,7 Millionen Euro, ist man mittlerweile bei 2,9 Millionen Euro angekommen. Mit dem Geld sollten ursprünglich Sozialwohnungen mit einer Wohnfläche von 500 Quadratmeter entstehen.

Etwas besser sieht es bei einem Wohnungsbauprojekt im Nordring aus. Trotz Einsparungsüberlegungen liegt die letzte Kostenberechnung bei 2,9 Millionen für eine Wohnfläche von 614 Quadratmetern. Für die Sozialwohnungen wird ein Zuschuss von rund 460.000 Euro erwartet. Eine erste Kostenschätzung ging noch von 1,85 Millionen Euro Baukosten aus.

In der städtischen Wohnanlage in der Schubertstraße werden die kompletten Trinkwasserleitungen ausgetauscht, da es hier zu Problemen mit Legionellen kam. Auf die ursprüngliche Summe von 250.000 Euro mussten noch Kosten für eine Instandsetzung der Elektroinstallation aufgeschlagen werden. Darüber hinaus sind alle Gewerke im Umfang größer und durch die Preissteigerung teurer geworden. Derzeit geht man von einem Aufschlag von 90.000 Euro aus.

Die Arbeiten am Feuerwehrgerätehaus Walldorf kommen gut voran, allerdings sind auch hier erhebliche Mehrkosten zu verzeichnen. Diese betreffen vor allem den Bereich der Haustechnik. Dies ist großteils den eklatanten Preissteigerungen beim Material, aber eben auch der Energiekrise geschuldet. Gerade im Bereich Elektro sind aber auch Fehleinschätzungen der Fachplaner in Sachen Baukosten festzuhalten. Insgesamt rechnet die Verwaltung mit Mehrkosten von 1,5 Millionen Euro und Gesamtkosten von 9,3 Millionen Euro.

Ein ähnlich dramatisches Bild zeigt sich beim Projekt „Schubert5“, das aus Ärztehaus, Kita, Wohnungen, Nachbarschaftszentrum und einem Quartiersplatz besteht. Hier ist es gerade mit dem zweiten Bauabschnitt losgegangen und für die Gewerke Rohbau, Zimmerer, Dachdecker und Gerüstbau ist mit größeren Kostensteigerungen zu rechnen. Derzeit ist davon auszugehen, dass auf die kalkulierten Kosten von 11,4 Millionen Euro weitere 2,3 Millionen Euro dazu kommen. Da viele Vergaben aber erst Ende dieses Jahres stattfinden, hofft man auf ein Abflauen der Baupreise.

„Mit der Kostenexplosion der letzten Monate kann es nicht weitergehen. Private Bauträger haben schon auf die Bremse getreten. Projekte werden abgesagt oder zumindest aufgeschoben. Vieles ist nicht mehr wirtschaftlich darzustellen. Auch die Stadt hat dies im Blick und die Planung angepasst. Aber wichtige Infrastrukturprojekte muss eine Verwaltung trotzdem angehen“, so der Bürgermeister.